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Parkplatzersatzabgaben sind fehl am Platz

Ungerechte Doppelbelastung: Wenn sie keine Parkplätze bauen wollen, müssen Investoren und damit auch Mieter über die Parkplatzersatzabgaben für etwas bezahlen, was sie nicht wollen und brauchen. Selbst wer unmittelbar neben dem Bahnhof wohnt, muss für jeden nicht erstellten Parkplatz 9’000 Franken bezahlen, die dann noch für den Bau neuer öffentlicher Abstellplätze verwendet werden können. Damit wird autoarmes Wohnen wirksam verhindert. Das team baden verlangt, dass die Abgaben in zentralen Gebieten vermindert und der Ertrag zum grössten Teil dem Bus- und Langsamverkehr zugute kommt.

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Das Instrument „Parkplatzersatzabgabe“ dürfte als Lenkungssteuer konzipiert worden sein. Ihr liegt ein Weltbild zugrunde, wonach der Mensch ein Auto habe. Erstellt der Mensch nun ein Eigenheim, jedoch keinen Parkplatz, so muss das Gemeinwesen für ihn einen schaffen. Das kostet. Daher schreibt das kantonale Baugesetz vor, dass die Gemeinden eine Ersatzabgabe pro nicht erstellten Parkplatz erheben müssen.

Erlass der Abgaben faktisch unmöglich

Befreit werden kann ein Investor von der Abgabepflicht nur, wenn die Gemeinde ihm die Erstellung der Parkplätze untersagt und gleichzeitig keine öffentlichen Parkplätze in nützlicher Distanz bestehen. Üblicherweise wird die „nützliche Distanz“ mit 300 Metern Luftlinie um eine öffentliche Parkgelegenheit angenommen. Angesichts der grossen Parkhausdichte in Baden müssen aufgrund dieser perfiden und überholten Bestimmung just die Investoren und Mieter Abgaben bezahlen, die am nächsten beim Bahnhof wohnen und am besten auf ein Auto verzichten könnten.

Ungerechte Doppelbelastung

Falls die Stadt die Erstellung eines Parkplatzes verbieten muss (z.B. aus Denkmalschutz- oder Platzgründen), wird ein Autobesitzer aufgrund des kantonalen Gesetzes zudem zwei Mal zur Kasse gebeten: Einmal muss er Miete für den öffentlichen Parkplatz im knapp 300 Meter entfernt gelegenen Parkhaus zahlen, andererseits erhebt die Stadt eine Abgabe, weil er keinen Parkplatz bauen darf. Der Kanton schreibt den Gemeinden zudem vor, dass der Ertrag aus der Abgabe einerseits für öffentliche Parkplätze, andererseits für Anlagen des nicht motorisierten Individualverkehrs verwendet werden soll, überlässt die Aufteilung auf die beiden Zwecke aber den Gemeinden.

Autofreies Wohnen verhindert

Für das team zielt die vom Kanton vorgeschriebene Ersatzabgabe in eine völlig falsche Richtung. Wenn ein Investor vor der Wahl steht, 9’000 Franken pro durchschnittliche 4.5-Zimmer-Wohnung für nichts zu bezahlen oder für den vierfachen Betrag einen Parkplatz zu erstellen, den er dann immerhin vermieten und in rund zehn Jahren amortisieren kann, wenn er ihn selber nicht braucht, dann wird er als guter Unternehmer in der Regel bauen. Autoarmes Wohnen, wie es innovative Stadtbehörden an gut erschlossenen Lagen fördern wollen und sollen, wird so bestraft. Die abstruse Folge davon ist, dass Baden am Galgenbuck weitab einer guten öV-Erschliessung krampfhaft autoarmes Wohnen fördern will, während in der Innenstadt jeder Bauherr faktisch zu Parkplätzen gezwungen wird. Zudem spottet die vom Kanton verordnete Abgabe jeglichen liberalen Grundsätzen, wenn die erhobenen Gelder für öffentliche Parkplätze eingesetzt werden, die eben gerade von den Abgabepflichtigen nicht gewünscht und benutzt werden: Wer keinen eigenen Parkplatz baut, der hat in der Regel auch kein Auto, also braucht er auch keine öffentlichen Parkgelegenheiten.

Das team fordert vom Stadtrat, dass er sich beim Kanton mit aller Vehemenz dafür einsetzt, dass dieser Paragraph schnellstmöglich an urbane Verhältnisse angepasst wird. Es darf nicht sein, dass der Kanton Menschen, die bewusst auf ein Auto verzichten, dafür bestraft. Zudem fordert das team baden den Stadtrat auf, seinen Spielraum beim Verwendungszweck konsequent zugunsten des nicht motorisierten Individualverkehrs zu nutzen. Öffentliche Parkplätze haben wir in Baden in den letzten Jahren wirklich mehr als genug gebaut: Die gut 200’000 Franken, die die Stadt im letzten Jahr über die Ersatzabgaben eingenommen hat, sind deshalb dafür einzusetzen, die überfälligen Massnahmen zur Aufwertung unattraktiver Rad- und Fusswege zu realisieren und in den öffentlichen Verkehr zu investieren.

Stephan Erne und Hannes Streif
erschienen in: teamblatt September 2009

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